Ich hatte das schönste Ehrenamt, das es in Mesum gibt

Nach 26 Jahren nahm Anni Poll zum Jahresende endgültig Abschied von einer Aufgabe, die sie allzeit mit Herz und Hand ehrenamtlich ausübte und von der sie selbst bekannte: „Ich hatte das schönste Ehrenamt, das es in Mesum gibt.“ Am Dienstag trat sie als Vorsitzende der IG Menschen mit Behinderung zurück und wurde mit großen Ehren im Rahmen einer Weihnachtsfeier im Pfarrheim verabschiedet. Für ihr großes ehrenamtliches Engagement wurde sie schon 1999 mit dem „Bürgerpreis der Stadt Rheine“ geehrt.

„Danke für all die vielen Jahre, Danke für die Gemeinsamkeit, Danke, dass wir erleben durften diese gute Zeit,“ sagte Renate Schmitz vom Elternkreis stellvertretend für alle Eltern und Menschen mit Behinderung. Als Geschenk hatte sie eine warme Decke mitgebracht, kunsthandwerklich als Patch-Work-Arbeit erstellt. Der Clou waren jedoch 30 kleine Portraitfotos, auf Leinen abgezogen und fein eingearbeitet. So werden alle Menschen mit Behinderung, die Anni Poll über 26 Jahre so liebevoll betreute, auch im Ruhestand ihr künftig nahe sein.

Es werde wohl ein langer Abschied werden, vermutete Anni Poll in ihrer Antwort. Denn die Arbeit in der IG habe ihr immer sehr viel Spaß gemacht, „wenn es auch manchmal anstrengend war. Die Menschen hier sind immer sehr ehrlich, offen und herzlich. Da kommt dann immer viel mehr zurück als man selbst gegeben hat.“ Bisher war sie „Person für alles“. Alle Funktionen in der IG werde sie jetzt Ende 2009 auf jeden Fall niederlegen. Aber künftigen Einladungen der IG komme sie gern nach, versprach sie auf Anfrage. Eine erste Einladung sprach sie allerdings selbst aus: Im Sommer gibt es eine Grillparty für alle. Vor allem auch mit den Eltern, „denn die haben mir mit ihrer Unterstützung und ihrem Vertrauen in all den Jahren sehr geholfen und das Weitermachen leicht gemacht.“

Wenn Anni Poll zurückblickt, dann erlebt man den langen und teilweise schwierigen Weg der Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft mit. Alles begann 1981 im „Jahr der Behinderten“. Damals initiierte Thea Rauß eine Interessengemeinschaft der Behinderten in Mesum. Als die Arbeit dort kurzzeitig stockte, bat der damalige Pfarrgemeinderat sein Mitglied Anni Poll, sich in seinem Auftrag um dieses Anliegen zu kümmern. Alsbald bekam sie 1983 die Leitung der IG übertragen und half so entscheidend mit, dass heute die Menschen mit Behinderung im Mesumer Alltag wie ganz selbstverständlich integriert sind.

Anni Poll blieb ihrer Aufgabe und ihrem Amt dann 26 Jahre treu. Auch als sie schon längst nicht mehr dem Rat der Pfarrgemeinde angehörte. Weiterhin handelt sie, immer wieder berufen, in dessen Auftrag. Darum müsse der neue Gemeinderat, so hofft sie, alsbald auch ein neues Mitglied als Ansprechpartner für die IG benennen. Ihre übrigen Aufgaben in der Leitung werden absprachegemäß zu gleichen Teilen Magda Kleier, Marlies Kösters, Renate Schmitz, Renate Schumann und Christa Tiltmann vom Elternkreis übernehmen.

In ihrem Rückblick spürte man immer wieder die Begeisterung und Liebe, aber auch den Respekt vor den ihr anvertrauen Menschen, mit der sie ihre Aufgabe anging. Anfangs sei die Gruppe noch sehr klein gewesen, „etwa zehn Kinder und ein paar Erwachsene“. Da Anni Poll der Karnevalsgruppe „Spätlese“ angehörte, „kam mir die Idee, doch mit den Behinderten eine Karnevalssitzung zu besuchen.“ Gleich 1983 konnte dieses Vorhaben, nicht zuletzt gefördert durch die freundliche Gastfreundschaft der Dorfschützen, als „meine erste Amtshandlung umgesetzt werden“. Dann folgten Elterntreffen und monatliche Bastelnachmittage.

Dank der Spendenbereitschaft der Bevölkerung konnte das programmatische Angebot im Laufe der Jahre weit gefächert werden: Sitzungen der Karnevalisten der Dorf- und Feldschützen und der Frauengemeinschaft wurden besucht. Hinzu kamen zwei Kegeltermine im Monat, die jährliche Planwagenfahrt, der Besuch im Messdienerzeltlager im Sommer, Einladungen zu Konzerten und die Sport- und Gymnastikgruppe, „immer mittwochs in Rheine, wozu uns der DRK-Ortsverein Mesum dankenswerterweise Bus und Fahrer stellt.“

„Das Schönste und Bewegendste waren aber für mich die Wochenende in Rulle, die wie alljährlich im Advent durchführten. Was ich dort an Begeisterung miterlebt habe, ging jedes Mal unter die Haut,“ blickte Anni Poll sichtlich bewegt zurück. Davon konnte jeder etwas an diesem Abschied bei den herzlichen Umarmungen und Berührungen spüren, als es von allen eine rote Rose gab. Rulle, die Tage und Abende dort, die offene Begegnungen der Menschen mit und ohne Behinderung, die Betreuung durch die Messdiener, all das werde sie so schnell nicht vergessen, ist sich Anni Poll sicher.

In Rulle erarbeitete man gemeinsam Lieder, Bilder, kleine Rollenspiele und Texte für einen Gottesdienst in und mit der Gemeinde, immer gemeinsam zwischen Weihnachten und Neujahr in der Mesumer Kirche gefeiert. Daran schloss sich dann eine Weihnachtsfeier an. So war es auch diesmal, an der nächsten darf Anni Poll gern als Gast teilnehmen. Eingeladen ist sie auf jeden Fall …


Von den Menschen mit Behinderung und vom Elternkreis gab es für Anni Poll (2.v.l.) zum Abschied eine warme Decke mit Bildern


In langer Reihe hatten alle Mitglieder IG für Anni Poll (5. V.l., leicht verdeckt) eine rote Rose

Text und Bilder: Franz Greiwe